Liebe Gläubige, liebe Freunde und Wohltäter!
In unseren Kreisen hört man oft die beruhigende Bemerkung, dass wir bezüglich der Gefahren und Krisen in der Welt einigermassen gut geschützt bleiben, weil unsere Überzeugungen uns von der Gesellschaft ein wenig fernhalten. Diese bisweilen etwas unangenehme Abgrenzung hat zumindest die wohltuende Folge, dass wir vor dem Geist der Welt teilweise geschützt sind!
Auch wenn an dieser Annahme etwas Wahres ist, das uns beruhigen könnte, entspricht sie leider nicht ganz der Wirklichkeit. Wenn man eingehender darüber nachdenkt, so wäre es doch sehr erstaunlich, wenn wir von diesem Weltgeist ganz unberührt blieben. Es ist allgemein bekannt, dass je länger ein Kampf dauert, desto mehr die Gefahr der Entmutigung eintritt und man zu falschen Kompromissen bereit wird. Zwar wechselt man nicht von heute auf morgen die Partei, aber die Zeit bringt unweigerlich eine Reihe von Prüfungen und Enttäuschungen mit sich, die Fragen aufwerfen, die wiederum unsere Überzeugungen erschüttern können. Der Geist der Welt ist nämlich auf versteckte Weise sehr ansteckend und beeinflusst uns mehr, als wir meinen! An dieser Stelle müssen wir auf ein sehr schädliches Übel eingehen, das unsere Zeit gut charakterisiert: Wir meinen den Individualismus! Dieses Übel zerfrisst und zerstört unsere Gesellschaften und untergräbt nach und nach das Ideal des Gemeinwohls. Ich möchte Ihnen daher einige Gedanken zu diesem Thema zur Erwägung vorlegen. Auch wenn wir die Freude haben, mit edlen Seelen zusammen zu sein, die grossherzig und hingebungsvoll und vom Sinn für das Gemeinwohl durchdrungen sind, müssen wir zugeben, dass die Gefahr des Individualismus uns nicht verschont. Mit dieser Feststellung möchte ich gewiss niemanden entmutigen noch anschuldigen. Vielmehr sollen diese Zeilen der Ausdruck einer Besorgnis sein angesichts einer Gefahr, die uns droht und vielleicht sogar schon unter uns verbreitet ist.
Was ist denn mit Individualismus gemeint? Individualismus ist ganz einfach die Tatsache, dass jedes Individuum sich selbst als sein eigener Bezugspunkt sieht. Man könnte sagen, dass es der Fehler ist, alles auf sich selbst zu beziehen und nur für sich selbst zu leben. Heute sieht man ihn ungehindert herrschen, und glückselig ist, wer nicht von diesem Wunsch nach völliger Ungebundenheit angezogen wird. Man sagt sich: Ich tue, was ich will und wann ich will. Ich gehe eine Verpflichtung nur ein, wenn ich es will und wenn es mir gefällt. Ich entscheide über alles, ich urteile über alles, und niemand darf im Gegenzug Forderungen an mich stellen.
Diese Krankheit unserer Zeit hat nun auch die Kirche erreicht, und es ist interessant, ein Dokument der Kongregation für das Ordensleben aus dem Jahr 1994 zu lesen: „Das Infragestellen der Autorität hat die Kirche und das Ordensleben nicht verschont und dies mit offensichtlichen Folgen für das Gemeinschaftsleben. Die einseitige und übermässige Betonung der Freiheit hat dazu beigetragen, dass im Westen sich die Unkultur des Individualismus verbreitet hat, wodurch das Ideal des Gemeinschaftslebens geschwächt wurde.“ Das ist leider vollkommen zutreffend!
Aber um zu verstehen, wie er sich bei uns einschleichen kann, erlauben Sie mir, diese etwas erstaunliche Formel zu verwenden: Der Individualismus ist der Modernismus des Traditionalisten. Der Modernismus drang damals in einen geistigen Lebensbereich ein, in dem die religiöse Praxis die Regel und die moralischen Werte unbestreitbar waren. Er begnügte sich nicht mit einer Pervertierung der Geister, die zunächst fast unmerklich vor sich ging, sondern er vergiftete allmählich den Katholizismus, indem er das geistige Innenleben der Menschen verdarb. Alles andere folgte daraus, und es ist heute so weit gekommen, dass sogar Glaubenswahrheiten und Moralgrundsätze in Frage gestellt werden.
In seiner Enzyklika Pascendi sagte der heilige Pius X., dass der Glaube des Modernisten aus seiner „individuellen Erfahrung“ kommt. Der Modernismus hat den Vorrang des persönlichen Bewusstseins verherrlicht. Das Ich beherrscht alles. Es ist die Unabhängigkeit in allen Bereichen. Wenn der Papst an einen Punkt der Moral erinnert, antwortet der heutige Christ: „Ja, aber ich denke, dass für mich...". Wenn man auf einen Punkt der Disziplin hingewiesen wird: „Ich fühle mich davon nicht betroffen...". Wenn in einer Familie die Eltern ihr Kind um einen Gefallen bitten, kommt der Einwand: „Warum ich?" Dieser Individualismus bedroht unser heutiges christliches Leben, selbst wenn wir von der Wichtigkeit des Glaubenskampfes überzeugt sind.
Nachdem wir diese allgemeine Darstellung des Individualismus vorgenommen haben, ist es interessant, uns mit der verderblichen Gefahr zu befassen, die er für unseren Lebensbereich darstellt. Wir sind es gewohnt, gegen alles zu kämpfen, was den Glauben und die Moral angreift, und wir ergreifen manchmal sogar auf heldenhafte Weise die Mittel, um uns zu wehren. Aber da der Einfluss der Welt nun einmal so stark ist, wird es in unserem Jahrhundert, wo jeder sein König ist, schwierig, das Ideal eines christlichen Lebens festzuhalten. Man muss nur die Gewohnheiten beobachten, die durch dieses kleine Gerät, das Smartphone, hervorgerufen werden, um darin ein gutes Beispiel für den Individualismus zu sehen. Jedermann ist mit diesem faszinierenden Gerät beschäftigt, sei es zu Hause, bei der Arbeit oder unterwegs. Dies führt dazu, dass jeder Begriff von Abhängigkeit, Gehorsam und sogar Anstand schon in jungen Jahren verloren geht.
Es gibt zahlreiche konkrete Beispiele, wo man diesen Weltgeist am Werk sieht. Der Individualismus greift also nicht direkt den Glauben oder die Sitten an, aber er bringt eine Lebensweise hervor. Die Selbstverständlichkeiten des christlichen Lebens werden durch diese Lebensweise in Frage gestellt und das auf fast unmerkliche Weise! Wir dürfen also auf keinen Fall die Folgen des Individualismus in uns übersehen. Wir brauchen eine heilsame Selbsterkenntnis und Neuausrichtung. Denn wie bei jeder Krankheit ist es vor allem wichtig, das passende Heilmittel zu finden, um sich besser davor schützen zu können. Der Kampf gegen den Individualismus, dieses Gift, wo sich jeder in seinem Ich einschliesst, besteht also ganz einfach darin, sich grossmütig zu öffnen.
In erster Linie Gott gegenüber durch Grossherzigkeit im Gebet. Wir sind uns alle über die Notwendigkeit des Gebetes einig, aber wer nimmt sich konkret die Zeit, um sich etwas länger dem Gebet zu widmen? Wer nimmt sich die Zeit für die einzig wichtige Angelegenheit, die zählt und die uns wieder in die wahre Perspektive unserer völligen Abhängigkeit gegenüber dem lieben Gott bringt? Es gibt auch die Hochherzigkeit, etwas von sich selbst zu Gunsten des Nächsten hinzugeben, für die Werke der Pfarrgemeinde, für unsere Schulen. Wir müssen hier nochmals zum Begriff des Gemeinwohls zurückkehren. Er ist schwer zu definieren, aber letztendlich besteht er darin, dass man seine Komfortzone verlässt, zum Beispiel zugunsten der Familie: Ein Kind lässt sein Spiel liegen, weil Mama ruft. Oder man setzt sich ein zugunsten eines Pfarreiwerkes, das Freiwillige braucht, indem man einen Nachmittag dieser Freiwilligenarbeit widmet. Das sind einfache Mittel, um in uns den Sinn für das Gemeinwohl wachsen zu lassen, auch dann und gerade wenn unsere persönlichen Interessen darunter leiden müssen! Und man muss zugeben, dass man häufig feststellt, dass die Personen, die am meisten helfen oft diejenigen sind, die bereits mit Aktivitäten überlastet sind, während diejenigen, die Zeit zur Verfügung hätten, entweder nicht daran denken, sie zu verschenken, oder in einer Form in ihrem Individualismus gefangen sind.
Haben wir keine Angst vor Grosszügigkeit bei der täglichen Erfüllung dessen, was Gott von uns erwartet. Nicht eine Grossherzigkeit, die verzweifelt auf ein auffälliges Zeichen wartet, sondern eine Hochherzigkeit, die bereit ist, sich für Gott und für das Heil der Seelen selbstlos hinzugeben.
Mögen wir in diesem Monat Juni von dieser grossmütigen und überfliessenden Liebe aus dem heiligsten Herzen unseres Herrn erfüllt werden, damit wir den Kampf gegen diesen heimtückischen Gegner des Individualismus führen und im guten Kampf für den Glaubens begeistert werden und standhaft bleiben!
In unseren Kreisen hört man oft die beruhigende Bemerkung, dass wir bezüglich der Gefahren und Krisen in der Welt einigermassen gut geschützt bleiben, weil unsere Überzeugungen uns von der Gesellschaft ein wenig fernhalten. Diese bisweilen etwas unangenehme Abgrenzung hat zumindest die wohltuende Folge, dass wir vor dem Geist der Welt teilweise geschützt sind!
Auch wenn an dieser Annahme etwas Wahres ist, das uns beruhigen könnte, entspricht sie leider nicht ganz der Wirklichkeit. Wenn man eingehender darüber nachdenkt, so wäre es doch sehr erstaunlich, wenn wir von diesem Weltgeist ganz unberührt blieben. Es ist allgemein bekannt, dass je länger ein Kampf dauert, desto mehr die Gefahr der Entmutigung eintritt und man zu falschen Kompromissen bereit wird. Zwar wechselt man nicht von heute auf morgen die Partei, aber die Zeit bringt unweigerlich eine Reihe von Prüfungen und Enttäuschungen mit sich, die Fragen aufwerfen, die wiederum unsere Überzeugungen erschüttern können. Der Geist der Welt ist nämlich auf versteckte Weise sehr ansteckend und beeinflusst uns mehr, als wir meinen! An dieser Stelle müssen wir auf ein sehr schädliches Übel eingehen, das unsere Zeit gut charakterisiert: Wir meinen den Individualismus! Dieses Übel zerfrisst und zerstört unsere Gesellschaften und untergräbt nach und nach das Ideal des Gemeinwohls. Ich möchte Ihnen daher einige Gedanken zu diesem Thema zur Erwägung vorlegen. Auch wenn wir die Freude haben, mit edlen Seelen zusammen zu sein, die grossherzig und hingebungsvoll und vom Sinn für das Gemeinwohl durchdrungen sind, müssen wir zugeben, dass die Gefahr des Individualismus uns nicht verschont. Mit dieser Feststellung möchte ich gewiss niemanden entmutigen noch anschuldigen. Vielmehr sollen diese Zeilen der Ausdruck einer Besorgnis sein angesichts einer Gefahr, die uns droht und vielleicht sogar schon unter uns verbreitet ist.
Was ist denn mit Individualismus gemeint? Individualismus ist ganz einfach die Tatsache, dass jedes Individuum sich selbst als sein eigener Bezugspunkt sieht. Man könnte sagen, dass es der Fehler ist, alles auf sich selbst zu beziehen und nur für sich selbst zu leben. Heute sieht man ihn ungehindert herrschen, und glückselig ist, wer nicht von diesem Wunsch nach völliger Ungebundenheit angezogen wird. Man sagt sich: Ich tue, was ich will und wann ich will. Ich gehe eine Verpflichtung nur ein, wenn ich es will und wenn es mir gefällt. Ich entscheide über alles, ich urteile über alles, und niemand darf im Gegenzug Forderungen an mich stellen.
Diese Krankheit unserer Zeit hat nun auch die Kirche erreicht, und es ist interessant, ein Dokument der Kongregation für das Ordensleben aus dem Jahr 1994 zu lesen: „Das Infragestellen der Autorität hat die Kirche und das Ordensleben nicht verschont und dies mit offensichtlichen Folgen für das Gemeinschaftsleben. Die einseitige und übermässige Betonung der Freiheit hat dazu beigetragen, dass im Westen sich die Unkultur des Individualismus verbreitet hat, wodurch das Ideal des Gemeinschaftslebens geschwächt wurde.“ Das ist leider vollkommen zutreffend!
Aber um zu verstehen, wie er sich bei uns einschleichen kann, erlauben Sie mir, diese etwas erstaunliche Formel zu verwenden: Der Individualismus ist der Modernismus des Traditionalisten. Der Modernismus drang damals in einen geistigen Lebensbereich ein, in dem die religiöse Praxis die Regel und die moralischen Werte unbestreitbar waren. Er begnügte sich nicht mit einer Pervertierung der Geister, die zunächst fast unmerklich vor sich ging, sondern er vergiftete allmählich den Katholizismus, indem er das geistige Innenleben der Menschen verdarb. Alles andere folgte daraus, und es ist heute so weit gekommen, dass sogar Glaubenswahrheiten und Moralgrundsätze in Frage gestellt werden.
In seiner Enzyklika Pascendi sagte der heilige Pius X., dass der Glaube des Modernisten aus seiner „individuellen Erfahrung“ kommt. Der Modernismus hat den Vorrang des persönlichen Bewusstseins verherrlicht. Das Ich beherrscht alles. Es ist die Unabhängigkeit in allen Bereichen. Wenn der Papst an einen Punkt der Moral erinnert, antwortet der heutige Christ: „Ja, aber ich denke, dass für mich...". Wenn man auf einen Punkt der Disziplin hingewiesen wird: „Ich fühle mich davon nicht betroffen...". Wenn in einer Familie die Eltern ihr Kind um einen Gefallen bitten, kommt der Einwand: „Warum ich?" Dieser Individualismus bedroht unser heutiges christliches Leben, selbst wenn wir von der Wichtigkeit des Glaubenskampfes überzeugt sind.
Nachdem wir diese allgemeine Darstellung des Individualismus vorgenommen haben, ist es interessant, uns mit der verderblichen Gefahr zu befassen, die er für unseren Lebensbereich darstellt. Wir sind es gewohnt, gegen alles zu kämpfen, was den Glauben und die Moral angreift, und wir ergreifen manchmal sogar auf heldenhafte Weise die Mittel, um uns zu wehren. Aber da der Einfluss der Welt nun einmal so stark ist, wird es in unserem Jahrhundert, wo jeder sein König ist, schwierig, das Ideal eines christlichen Lebens festzuhalten. Man muss nur die Gewohnheiten beobachten, die durch dieses kleine Gerät, das Smartphone, hervorgerufen werden, um darin ein gutes Beispiel für den Individualismus zu sehen. Jedermann ist mit diesem faszinierenden Gerät beschäftigt, sei es zu Hause, bei der Arbeit oder unterwegs. Dies führt dazu, dass jeder Begriff von Abhängigkeit, Gehorsam und sogar Anstand schon in jungen Jahren verloren geht.
Es gibt zahlreiche konkrete Beispiele, wo man diesen Weltgeist am Werk sieht. Der Individualismus greift also nicht direkt den Glauben oder die Sitten an, aber er bringt eine Lebensweise hervor. Die Selbstverständlichkeiten des christlichen Lebens werden durch diese Lebensweise in Frage gestellt und das auf fast unmerkliche Weise! Wir dürfen also auf keinen Fall die Folgen des Individualismus in uns übersehen. Wir brauchen eine heilsame Selbsterkenntnis und Neuausrichtung. Denn wie bei jeder Krankheit ist es vor allem wichtig, das passende Heilmittel zu finden, um sich besser davor schützen zu können. Der Kampf gegen den Individualismus, dieses Gift, wo sich jeder in seinem Ich einschliesst, besteht also ganz einfach darin, sich grossmütig zu öffnen.
In erster Linie Gott gegenüber durch Grossherzigkeit im Gebet. Wir sind uns alle über die Notwendigkeit des Gebetes einig, aber wer nimmt sich konkret die Zeit, um sich etwas länger dem Gebet zu widmen? Wer nimmt sich die Zeit für die einzig wichtige Angelegenheit, die zählt und die uns wieder in die wahre Perspektive unserer völligen Abhängigkeit gegenüber dem lieben Gott bringt? Es gibt auch die Hochherzigkeit, etwas von sich selbst zu Gunsten des Nächsten hinzugeben, für die Werke der Pfarrgemeinde, für unsere Schulen. Wir müssen hier nochmals zum Begriff des Gemeinwohls zurückkehren. Er ist schwer zu definieren, aber letztendlich besteht er darin, dass man seine Komfortzone verlässt, zum Beispiel zugunsten der Familie: Ein Kind lässt sein Spiel liegen, weil Mama ruft. Oder man setzt sich ein zugunsten eines Pfarreiwerkes, das Freiwillige braucht, indem man einen Nachmittag dieser Freiwilligenarbeit widmet. Das sind einfache Mittel, um in uns den Sinn für das Gemeinwohl wachsen zu lassen, auch dann und gerade wenn unsere persönlichen Interessen darunter leiden müssen! Und man muss zugeben, dass man häufig feststellt, dass die Personen, die am meisten helfen oft diejenigen sind, die bereits mit Aktivitäten überlastet sind, während diejenigen, die Zeit zur Verfügung hätten, entweder nicht daran denken, sie zu verschenken, oder in einer Form in ihrem Individualismus gefangen sind.
Haben wir keine Angst vor Grosszügigkeit bei der täglichen Erfüllung dessen, was Gott von uns erwartet. Nicht eine Grossherzigkeit, die verzweifelt auf ein auffälliges Zeichen wartet, sondern eine Hochherzigkeit, die bereit ist, sich für Gott und für das Heil der Seelen selbstlos hinzugeben.
Mögen wir in diesem Monat Juni von dieser grossmütigen und überfliessenden Liebe aus dem heiligsten Herzen unseres Herrn erfüllt werden, damit wir den Kampf gegen diesen heimtückischen Gegner des Individualismus führen und im guten Kampf für den Glaubens begeistert werden und standhaft bleiben!